Im Dezember 2019 tauchten erste Corona Fälle in China auf. Mittlerweile hat dieser Ausbruch das Leben jedes Einzelnen weltweit verändert. Eine solche Krise gab es noch nie –
Gibt es eine Möglichkeit sich als Individuum, als Gesellschaft, als Unternehmen auf so drastische Veränderungen tatsächlich vorzubereiten?
Für unsere Gesellschaft und für unsere Unternehmen ist Risikomanagement meist nur ein sehr theoretischer und unklarer Begriff. Funktionierende Rettungsdienste und Organisations- und Sicherheitsstrukturen des Staates, Bundeswehr und Polizei, Krankenhäuser, Ärzte, Wasser- und Gasversorgung sehen wir als selbstverständlich an. In unserem wohlhabenden Land jammern wir auf sehr hohem Niveau und beschweren uns über das Haar in der Suppe. Wenn aber eine echte Krise eintritt und als solche wollen wir bitte nicht die gefühlten „kleinen Scheinkrisen“ der täglichen Klein – Klein Diskussionen bewerten, kann auch keine Erfahrung im Umgang mit Krisen entstehen.
Was ist in einer Krise erforderlich?
Zunächst gilt es den Sachverhalt durch Fachleute zu klären und die Konsequenzen sehr zügig mit Zahlen, Daten und Fakten und möglicherweise bereits bestehenden Modellen aufzuarbeiten.
Die Konzentration auf Fachleute und deren Kompetenz sowie Erfahrung wird in einem solchen Fall zur elementar erforderlichen Voraussetzung, um mit der Krise selbst und insbesondere mit dem Danach professionell umzugehen.
Die Fokussierung auf den Kern der Krise, auf deren Auslöser und deren Auswirkungen sind wesentlich für notwendige, kurzfristige Entscheidungen.
Die Erfahrung im Umgang mit Krisen zeigt, dass in der Regel der Erkenntnisprozess, was jetzt zu tun ist, sehr lange dauert. Planung ist vielfach nicht möglich und erfordert daher laufend neue Entscheidungen.
Kompetente Menschen, die die Situation sowohl fachlich als auch instinktiv richtig erfassen können, sind meist sehr begrenzt verfügbar. Trotz vielfältiger Simulationsmodelle, dem Einsatz von KI
und u.v.m., ist hier Lebenserfahrung, praktisches Know-How und vor allem eine Persönlichkeit erforderlich, die bereit ist notwendige Entscheidungen zu treffen und deren Konsequenzen auszuhalten.
Man kann und muss nicht immer alles erklären, sondern auch vertrauen.
Politiker treffen in der Regel die Entscheidungen nur unter extremem Druck des Faktischen und immer im Hinblick auf angeblich unumstößliche, rechtliche Grundlagen oder im Hinblick auf
Umfrageergebnisse.
Leider gilt dies auch in vielen Bereichen der Wirtschaft. Bevor Entscheidungsträger tatsächlich Entscheidungen treffen, finden umfangreiche Diskussionen mit Anwälten statt – um die Sache selbst
wird sich erst im zweiten Schritt gekümmert.
In jedem Fall ist aber eines erforderlich: eine radikale, konsequente, schnelle Entscheidung, ggf. auch eine zu frühe Entscheidung, um das was vorhanden ist zu sichern, den Schaden zu minimieren
und insbesondere sicherzustellen, dass die Ressourcen ausreichen um den Start nach dem Ende der Krise überhaupt noch bewältigen zu können.
Konzentrieren wir uns auf Unternehmen.
Die Corona Krise ist nicht Ursache aller Probleme
Es ist interessant festzustellen, dass in vielen Bereichen plötzlich die Corona Epidemie für bereits seit längerem erkennbare Probleme verantwortlich gemacht wird. Die Krise ist nicht für den
strukturellen Umbruch der Autoindustrie verantwortlich, die jetzt mit fehlenden technologischen Kapazitäten und Kompetenzen in der E-Mobilität ebenso zu hadern hat wie ihre bereits seit Jahren
für jeden Beobachter erkennbaren unsinnigen globalen Lieferketten, die jetzt zusammenbrechen.
Dies gilt ebenso für die Gesellschaft, die in den vergangenen Jahren der Meinung war über Internet jeden Schwachsinn und jede Fake News zur politischen und gesellschaftlichen Diskussion heranziehen zu müssen, das Arbeiten abzuschaffen und die Risiken zu sozialisieren.
Im Übrigen hat die Politik die guten Jahre nicht angemessen genutzt um Reserven zu bilden, sondern diese sinnlos in Wählerstimmen fördernde soziale Leistungen hineingesteckt, die jetzt in der Krise sehr wehtun, weil sie das erkennbar deutlich reduzierte Steueraufkommen noch stärker belasten werden.
Unternehmen in der Krise
Was eine Krise auslöst sei im Moment dahin gestellt - ob es wirtschaftliche Fehlkalkulationen, taktische Auseinandersetzungen mit dem Wettbewerb und dem Markt oder, wie im aktuellen Fall, eine Gesundheitskrise oder gar ein Naturereignis (Vulkanausbruch, Erbeben, Tsunami) sind – am Ende des Tages zählt für jedes Unternehmen nur eine Priorität: Hard cash!
Es ist mit allen Mitteln vorhandene Liquidität sicherzustellen, falls möglich, diese kurzfristig noch zu erweitern und sämtliche Kosten quasi digital zu reduzieren.
Dies ist in der Regel in einem komplexen, arbeitsteiligen, weltweiten System nur schwer möglich, kann aber durch zahlreiche Einzelmaßnahmen innerhalb weniger Tage durchgeführt werden. Je länger
mit dieser Entscheidung gewartet wird, umso größer ist der Cash Abfluss, denn Lieferanten und Kunden, die die Situation früher erfassen und konsequenter handeln, werden sich an Ihrer Kasse und
Ihrer Liquidität bedienen und so fließt Ihr Geld ab, ohne dass Sie entsprechenden Ausgleich erhalten.
Zahlungsziele sind auch in der Krise vom Kunden einzuhalten! Umgekehrt sind auch Verpflichtungen gegenüber Lieferanten zunächst einzuhalten und wenn, dann muss gemeinsam, auf beiden Seiten der Lieferkette, eine einvernehmliche Vereinbarung über die Prolongation von bestehenden Zahlungszielen diskutiert werden.
In einer Krise zeigt sich auch wie konstruktiv die Zusammenarbeit mit Betriebsrat und Mitarbeitern in einem Unternehmen ist. Die in den vergangenen Jahren erkennbare Selbstbedienungsmentalität einiger Mitarbeiter aber insbesondere der Gewerkschaften ist erstaunlicherweise aktuell mit einem Moratorium auf ein vernünftig definiertes Maß zurückgeführt worden.
Dennoch gibt es immer noch viele Menschen, die die Meinung vertreten, Unternehmen seien für alles und jeden verantwortlich. Wenn diese Krise etwas lehrt, dann ist es, dass jeder einzelne verantwortlich ist für die Auswirkungen, Dauer und den Verlauf der Krise. Eine Sozialisierung von Risiken auf den Staat oder gar die Unternehmer sind völlig fehl am Platz!
Natürlich sind in einer Krise unterschiedliche Partner mit ihren persönlichen, fachlichen, aber auch finanziellen Stärken und Schwächen von den Auswirkungen und vom Verlauf mehr oder weniger betroffen. Aber in einer Gesellschaft und einer Unternehmerfamilie bewährt sich in einer solchen Phase ob es einen echten Chorgeist gibt oder ob doch der Egoismus dominiert.
Was ist aktuell zu tun?
Die von Forschern und Medizinern vorgegebenen Ratschläge sind schlicht und ergreifend einfach zu befolgen – Punkt!
Ob es den Regierungen passt oder nicht, die Freiheit des Einzelnen endet da, wo die Gesamtheit bedroht ist. Deshalb ist die rigorose Umsetzung von Ausgangs- und Kontaktsperren durchzusetzen - mit allen Konsequenzen bei der Zuwiderhandlung. Fehlinformationen und politische Destruktionsaktionen müssen sanktioniert werden - am Ende durch den Wähler, der dies hoffentlich nicht vergisst - aber in der aktuellen Krisensituation ggf. auch durch unmittelbare und sofortige Korrekturhandlungen um den Schaden von der Allgemeinheit abzuhalten.
Für Unternehmen bedeutet dies:
· Cash ist King! Alle Maßnahmen, die der Sicherung von Liquidität dienen, sind sofort ohne Rücksicht einzufordern: Kurzarbeit null, freiwillige Reduzierung der Löhne und Gehälter gegen eine Prämienzusage nach Überwinden der Krise, Aussetzen von tarifvertraglichen Regelungen, Moratorium, Zahlungsmoratorien mit den Banken, Optimierung der Zahlungsbedingungen vom Kunden und Lieferanten, Stopp sämtlicher Investitionen, ggf. sogar Anhalten von Projekten. Das Schließen von Strukturen ist immer kostengünstiger als für Wenige komplexe Infrastrukturen aufrecht zu halten. Sämtliche Verträge, die nice to have sind, sind sofort zu kündigen – dies bringt vor allem auch langfristig Entlastung! Alle Positionen sind ganz kritisch auf Wettbewerbsfähigkeit zu prüfen und ohne Einschränkung müssen sämtliche Aktivitäten, Schulungen, Planungen gestoppt werden, die in irgendeiner Art und Weise innerhalb der nächsten 4-6 Monate liquiditätswirksam werden. Dies gilt leider auch für Fortbildungsveranstaltungen, Reisen, Messen, etc.
· Quick Analyse: was hat sich zum Positiven verändert? Sind zukünftig tatsächlich weiterhin so viele Dienstreisen noch nötig oder kann man nicht standardmäßig auf Videokonferenz-Systeme umschalten?
· Überprüfung sämtlicher Lieferantenketten, ggf. Eigenfertigung oder lokale Lieferanten, oder erweiterte Konsignations- und Sicherheitsbestände aufbauen lassen!
· Schonungslose Analyse des Verhaltens von wichtigen Lieferpartnern und Lieferländern, z.B. China und USA
· Alle Rationalisierungsmaßnahmen, die man sich bisher gescheut hat durchzusetzen, müssen sofort umgesetzt werden! Dies gilt insbesondere für strukturelle Kostensenkungen – nicht wettbewerbsfähige Produkte sofort ausgliedern.
· Arbeitskosten mit einem Moratorium über mind. 18-24 Monate absenken.
· Alle technischen und organisatorischen Maßnahmen, die der Kostenoptimierung dienen zunächst einmal umsetzen, die Leine lockern kann man immer!
· Hoffen Sie nicht auf eine kurzfristige Lösung – diesmal wird es länger dauern, viel länger, wenn man den Epidemiologen vertraut. Es gibt keinen Grund mit den notwendigen Entscheidungen zu zögern. Jetzt schnell handeln bevor die Zeit und Ressourcen später fehlen.
Dr. Hilmar Brödler
CEO - Brödler GmbH